Virus führt zu existenziellen Sorgen

Quelle und mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung auf unserer Website: Rhein-Zeitung

20.03.2020 / Von RZ-Redakteur Elmar Hering

Schulbegleitungen entfallen zurzeit — Hiba muss nicht nur diese Ausfälle managen

Wissen. Die Corona-Pandemie und die staatlichen Reglementierungen zu deren Eindämmung legen große Teile des öffentlichen Lebens lahm. Ein Beispiel sind die Schulschließungen. Davon sind nicht nur Lehrer, Schüler und deren Eltern betroffen, sondern auch jede Menge Schulbegleiter für beeinträchtigte Kinder und Jugendliche. Beim Verein Hiba war und ist deswegen die Sorge vor einer existenzgefährdeten Situation groß. Doch inzwischen gibt es erste positive Signale, die Hoffnung machen.

Der Hiba mit Sitz in Wissen (vormals »Hilfsdienst für Behinderte und ihre Angehörigen im Kreis Altenkirchen«) zählt gegenwärtig rund 70 Schulbegleiter. Sie (und die entsprechenden Regie-Stellen im Büro in Wissen) machen es möglich, dass zurzeit rund 60 Kinder und Jugendliche eine Regelschule besuchen können — die allermeisten davon innerhalb des Landkreises, sowohl an Grund- und Förderschulen als auch an weiterführenden und Berufsbildenden Schulen. Im Durchschnitt leisten die Schulbegleiter etwas 20 bis 25 Stunden pro Woche und werden demnach entlohnt. In der Summe macht das etwa 7.000 bis 8.000 Euro pro Schultag, bis zu den Osterferien also rund 80.000 Euro. »Das ist für einen gemeinnützigen Verein wie den Hiba, der keine großen Rücklagen bilden darf, schon existenziell«, sagt Vorstandsvorsitzende Frea Gend.

Mit rund 90 Beschäftigten insgesamt ist der Hiba ein durchaus nennenswerter Arbeitgeber, quasi vom Range eines mittelständischen Unternehmens. Zwar hat das Hiba-Team dieser Tage in den Krisenmodus geschaltet, dennoch legt niemand die Hände in den Schoß. Unzählige Telefonate werden geführt, manche Eltern freuen sich über verständlich aufbereitete Informationen. »Wir stellen fest, dass viele Eltern einen hohen Redebedarf haben«, sagt Frea Gend, »es ist darüber nachzudenken, die wichtigsten Informationen zu Corona auch in Leichter Sprache zu transportieren.« Ihre Vorstandskollegin Sonja Müßig ergänzt: »Da, wo es notwendig ist, möchten wir die Familien auch weiterhin unterstützen.« Ein strukturierter Tagesablauf ist vielfach das A und O. Deshalb hat der Hiba bei den Eltern die Bedarfsabfrage gestartet, ob auch in dieser Ausnahmesituation eine Betreuung / Begleitung erforderlich ist. Wie die bisherigen Antworten zeigen, verzichten die meisten Eltern, nur wenige wünschen sich eine Fortdauer der Unterstützung für die unerwartet schulfreien Tage bis zu den Osterferien.

Als sehr positiv wertet der Hiba auch die Signale, die aus dem Kreishaus kommen. Die Kommune ist wichtigster Vertragspartner, wenn es um die Kostenübernahme für Schulbegleitungen geht — entweder über die Jugendhilfe (bei seelischen Erkrankungen, etwa Autismus) oder über die Eingliederungshilfe (bei körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen). Die Behörde hat sich dafür ausgesprochen, gemeinsam mit dem Hiba zu überlegen, wie der Verein des schwierigen Weg durch die Corona-Krise gehen kann.

»Wichtig ist«, so Sonja Müßig, »dass es für die freien Träger schnell konkrete Ansagen und Entscheidungen gibt, auf die sie aufbauen können.« Generell verfüge der Kreis über eine breit aufgestellte Trägerlandschaft mit verschiedenen freien Trägern, dieses Gefüge dürfe nicht in Gefahr geraten. Der Druck ergibt sich nicht zuletzt aus der Unsicherheit, ob und wie es nach den Osterferien, also ab 20. April, tatsächlich weitergeht. Diese Ausnahmesituation macht Kalkulationen schwierig und schreit quasi nach unbürokratischen Lösungen.

Weniger ins Gewicht fällt die Corona-Krise in einem weiteren Arbeitsfeld des Hiba, dem Mobilen Sozialen Dienst. Hier sind nach Auskunft von Frea Gend Einzelfalllösungen und Absprachen mit den Familien möglich.

Weitaus mehr machen sich die Vorkehrungen gegen die Virus-Pandemie hingegen in der Freizeitarbeit des Hiba bemerkbar. Laut Sonja Müßig hat der Verein bis einschließlich Mai alle Fahrten und Aktivitäten abgesagt. Darunter fallen drei mehrtägige Gruppenfahrten: im März nach Hamburg (mit Besuch des Harry-Potter-Theaterstücks), im April nach Cochem (Freizeitpark) und im Mai in die Niederlande (Individualfreizeit). Diese beliebten Angebote waren mit 26 Teilnehmern (plus Betreuer) ausgebucht und müssen jetzt storniert werden. Pause heißt es momentan auch für zwei regelmäßige Freizeitangebote des Hiba, die Kegel- und die Sportgruppe (in Betzdorf und Wissen). Sonja Müßig: »So oder so entfallen Zeiten, in denen die Familien entlastet werden.« Gleichwohl zweifle niemand daran, dass das oberste Ziel sei »unsere Klienten bestmöglich zu schützen«.

Foto: Frea Gend und Sonja Müßig
Sie bilden seit wenigen Wochen den hauptamtlichen Vorstand des HIBA (von links): Sozialpädagogin Frea Gend und Erzieherin Sonja Müßig. Beide sind seit etwa zwölf Jahren bei dem gemeinnützigen Verein tätig, der seinen Sitz in Wissen hat.